Bagnères-de-Luchon - Luz-St.Sauveur

Dienstag, 15. September 2009  


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der PeyresourdeDer Peyresourde. Ich gehe ihn mit leichtem Widerwillen an. Schon unten in Bagnères zeigt sich, dass es eine feuchte Angelegenheit werden könnte. Aber was soll ich tun? Das Zelt ist abgebaut. In einem der vielen Cafés Milchkaffee trinken gehen und ausschweifend Zeitung lesen? Zwischen elf und zwölf sind wir oben am Pass verabredet und der Pfälzer ist ein Frühaufsteher: früher Vogel fängt den Wurm. Dann also mal rein in die Suppe und sehen, was für mich noch zu fangen übrig bleibt.Gasthaus auf der Passhöhe

Punkt elf Uhr schwinge ich mich über die Kuppe des Peyresourde, wo das Département der Hautes Pyrénées beginnt: die Hochpyrenäen. Ohne Wurm im Schnabel, dafür mit kalten Füßen. Vor mir liegt die Gaststätte, deren Schornstein vielversprechend vor sich hinqualmt. Eben tritt der Pfälzer aus der Tür und zückt seine Kamera, während ich die meine zücke. Statt Abklatschen macht jeder ein Foto vom anderen. Er zieht gestärkt und aufgewärmt weiter, ich setze mich mit meinen nassen Klamotten in die beheizte Gaststube. Drei Belgier sitzen am Nebentisch, zwei von ihnen in kurzen Hosen. Das ist nun doch etwas übertrieben. Ich lasse mir ein paar Crêpes bringen und einen Milchkaffee dazu. Ob das heute noch was wird mit dem Wetter?

Auffahrt zum Col d'AspinZurück im Tal, in Arreau, begegnen mir ein paar Rennradfahrer angelsächsischer Herkunft, dem Anschein nach nicht übertrieben sportlich, aber guter Dinge. Ihr Gepäck lässt auf eine Pyrenäentour - in Gegenrichtung - schließen. In der Auffahrt zum Col d'Aspin bin ich dann allerdings wieder alleine. Aber die Anstiege werden zunehmend steiler und so hat man mit sich selbst schon genug zu tun - und mit der Aussicht auf die rundum nebelverhüllten Bergspitzen. Oben treffe ich den Pfälzer wieder. Der Aspin steht in der Liste der Pyrenäenschönheiten weit oben, und es wäre angebracht, auf der Passhöhe eine Vesperpause einzulegen. Aber der Wind macht unseren Plan zunichte. Wir fahren einmal mehr talwärts, hinein ins Campan-Tal, ein Hochtal zwischen Peyresourde und Tourmalet, und finden unseren Wind- und Wetterschutz in einer Bushaltestelle. Der Regen hält sich seit dem Peyresourde zurück und ich nutze die Gelegenheit, am Ortsschild mein Zelt zum Trocknen aufzuhängen.

durchschnittliche Steigung: 9,5%Kaffeepause in Sainte-Marie-de-Campan: der Pfälzer hält unterdessen geradewegs auf den Tourmalet zu. Eine Viertelstunde später bin ich mit von der Partie beim Rennen um den Bergpreis. Und ein Dritter: wortlos zieht er an mir auf seinen Rennrad vorbei. Ich sehe seine gekrümmten Rücken und eine gewisse Ahnung beschleicht mich: wir werden uns wiedersehen. Ob es noch vor dem Gipfel sein wird?

auf dem Col de TourmaletEtliche Höhenmeter stemme ich mich empor, bis es soweit ist. Ich habe nicht mehr damit gerechnet, aber dann taucht er vor mir auf, kurz vor einer Kehre; ist wieder weg - dann wieder da. Ein Stück vor ihm der Pfälzer. Sein Verfolger klebt an ihm, schwerer Tritt. Ist im Fieber. Lass den Pfälzer nicht zu schnell fahren, bete ich, sonst kippt er mir vom Rad, sein Verfolger, und ich krieg ihn nicht mehr lebend. Im Tunnel vor La Mongie kommen sie sich bedrohlich nahe. Ein Fressen und Gefressenwerden. Ich hole auf, der Pfälzer hat nur noch eine gute Radlänge Vorsprung vor ihm - der andere wird jetzt doch nicht tot umfallen... Er hält sich wacker, unser dritter Mann. so schön kann Leiden seinIn La Mongie, diesem entsetzlichen Retortenort, hat er es noch immer nicht geschafft, meinem Reisegefährten das Hinterrad zu zeigen - eine lässliche Sünde. Unverzeihlich ist allein, dass er kehrt macht, noch ehe er meinen heißen Atem im Nacken spürt. Feigling. Spielverderber.

Abfahrt vom TourmaletDen Rest fahre ich noch alleine hoch. Grüße den nackten Mann auf seinem Rad, der nun schon viele Jahre, als Statue, dort oben seinem Gewerbe als Grußonkel der Radfahrer nachgeht. Ihm muss kalt sein. Selbst mir, mit allem bekleidet, was ich für diese Zwecke mitgenommen habe, ist nicht warm. 4 oder 5 Grad zeigt das Thermometer. Ein kurzer Wortwechsel mit zwei jungen Briten, ebenfalls mit Gepäck unterwegs, dann schießen wir zu Tal.

Campingplatz in Luz-St.Sauveur: Sachen zum Trocknen aufhängen, einkaufen, Spaghhetti kochen, Wein trinken. Unser letzter gemeinsamer Abend vergeht in Windeseile. Morgen kehrt mein Compagnon den Pyrenäen den Rücken - er nimmt den Zug in Bordeaux, während ich mich weiter Richtung Osten vorarbeiten möchte. Das war unsere gemeinsame Tour, der Rest erfolgt solo.
 

Strecke:

97 km

Zeit:

6:06 h

Schnitt:

15,7 km/h

Höhendifferenz:

2985 Hm

 

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